Meist ist es das Erscheinungsbild des Rhodesian Ridgeback, das einen zuerst gefangen nimmt: Ein stattlicher, muskulöser und dennoch eleganter Hund mit hellweizen- oder leuchtend rotweizenfarbenem Fell und einem merkwürdigem, verkehrt wachsendem Haarstrich auf dem Rücken. Vor allem aber der Blick ist es, mit dem dieser Hund aus dem Süden Afrikas uns anschaut, den Ridgeback-Freunde nie wieder vergessen können: dieser gleichzeitig distanzierte und unverwandte, würdevolle und herausfordernde Blick, der in uns den Wunsch weckt, diesen Hund zum Freund zu haben.
Schön und harmonisch
Ein guter Ridgeback zeigt viele Facetten von Schönheit: er ist gross – aber nicht riesig, kraftvoll – aber nicht plump, elegant – aber nicht zerbrechlich. Das Erscheinungsspektrum ist breit – entsprechend dem Erbe der vielen europäischen Hunderassen, die von den weissen Kolonialherren in den Urtyp des Khoi San-Hundes eingekreuzt wurden. Wichtig ist aber vor allem das gesunde Mittelmass: Der Rhodesian Ridgeback soll kein Hund der Extreme, sondern in Erscheinung und Eigenart ausgewogen und harmonisch sein.
Reifes Ährenfeld
Laut Standard darf die Farbpalette des Rhodesian Ridgeback vom hellen Weizengelb bis zum Rotgold eines reifen Ährenfeldes reichen – die Beige-, Ocker- und satten Rottöne der afrikanischen Erde finden sich in seinem kurzem, niemals struppigem, aber auch nicht seidigen Fell wieder. Kleine weisse Abzeichen an Brust und Pfoten sind erlaubt, schwarze Haare aber nur an Behängen und Maske. Unterwolle hat der Rhodesian Ridgeback keine – dennoch gewöhnt er sich recht gut an unseren europäischen Winter und tobt gerne im lockeren Schnee. Einzig nasskalten Nieselnebel, Pflotsch und Bindfadenregen liebt er ebenso wenig wie wir.
Wichtiger als Schönheit: Wesen und Gesundheit
Wichtiger als Farbe und Schönheit sind allerdings Wesen und Gesundheit! Für beides ist die sorgfältige Auswahl genetisch bekannter und zusammenpassender Elterntiere Voraussetzung – und hier haben Rasseclubs und Zuchtverantwortliche eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Unter ihrer Kontrolle achten seriöse Züchter darauf, die entsprechenden Vorgaben einzuhalten und die Welpen während der Aufzuchtphase der ersten Wochen sorgfältig zu prägen und zu sozialisieren. Eines allerdings kann niemand: eine Garantie für Gesundheit geben. Leider häufen sich nicht nur in der Human-, sondern auch in der Tiermedizin die Fälle schwerer und unheilbarer Krankheiten mit oft auch umweltbedingten Ursachen.
Der Ridgeback ist ein „Fulltime Job“ – und eine grosse Liebe
Wer sich vorgenommen hat, sein Leben mit einem Rhodesian Ridgeback zu teilen, der möge sich an die Empfehlung erinnern, dass man prüfen sollte, bevor man sich bindet, worauf man sich einlässt. „Ewig“ kann die Bindung bei der unterschiedlichen Lebenserwartung von Mensch und Hund leider ohnehin nicht sein – aber ein Alter von zehn bis zwölf Jahren, manchmal auch von dreizehn bis vierzehn Jahren, kann ein Ridgeback durchaus erreichen. Es gibt im Übrigen nichts Schöneres als die Würde, die ein wirklich alter Ridgeback mit seinem weissen Gesicht und seinen wissenden Augen ausstrahlt!
Vor allem junge Ridgebacks sind ein „Fulltime Job“: Als ausgesprochen spätreife Rasse brauchen Rhodesian Ridgebacks zwei bis drei Jahre, um wirklich erwachsen zu werden – auch „im Kopf“. Während dieser Zeit sind sie, was man „Temperamentbolzen“ oder „Power Pakete“ nennt: immer zu jedem Unsinn bereit und nie zu müde, um nicht gleich wieder von vorne anzufangen! Verfressen und naschfreudig, wie fast alle Ridgebacks sind, ist meist nichts vor ihnen sicher – Ridgebacks sind die Massai unter den Hunden: überzeugt, dass eigentlich alles ihnen gehört und sie sich eben holen müssen, was wir ihnen nicht geben wollen. Im Spiel mit Artgenossen sind Ridgebacks oft so grob und ausgelassen, dass die zu den möglichen Spielkumpanen gehörenden Zweibeiner leider nicht selten einen grossen Bogen um uns machen.
Wie Spezialrichter Jochen Eberhardt, von dem auch die offizielle Standard-Übersetzung ins Deutsche stammt, in seinem Buch „Der Rhodesian Ridgeback“ schreibt, ist der Ridgeback mit seinem Stockmass zwischen 61cm und 69 cm dabei fest überzeugt, eigentlich ein Schosshund zu sein. Dafür, dass er auf allen Seiten von unserem Schoss herunterhängt, kann er schliesslich nichts!
Was braucht der Rhodesian Ridgeback?
Ob der Ridgeback wirklich eine Villa mit Garten braucht, darüber lässt sich trefflich streiten. Mit Sicherheit liebt er ein flackerndes Kaminfeuer und die warme Fussbodenheizung – viel wichtiger aber ist ihm, dass er bei Ihnen sein kann. Er geniesst den grossen, sonnigen Garten – aber noch mehr liebt er es, mit Ihnen durch Feld, Wald und Wiese zu streifen! Ob Sie Ihren Ridgeback als Sportpartner oder Jagdkumpan, als Show-Champion oder einfach als Familien- und Begleithund halten – wichtig ist, dass Sie möglichst viel Zeit und Liebe rund um die Uhr für ihn haben!
Über Generationen wurde der Rhodesian Ridgeback in seiner afrikanischen Heimat nicht nur als Wachhund auf der Farm, sondern vor allem auch als Jagdhund im Busch eingesetzt und selektiv auf die dafür nötigen Eigenschaften gezüchtet. Ein passionierter Wach- und Jagdhund ist er auch heute noch – ein Schelm, wer Ihnen etwas anderes erzählt! Wir tun daher gut daran, diese Qualitäten entweder zu nutzen und in Bahnen zu lenken oder sie, falls unerwünscht, unter Kontrolle zu bekommen. Die Alternative ist, eine artgerechte Ersatzbeschäftigung anzubieten, beispielsweise Fährtenarbeit, Agility, Coursing oder Mantrailing – auch Schnüffelspiele und Abenteuerspaziergänge sowie Wanderungen, Touren am Fahrrad oder als Reitbegleiter sind geeignet. Nur eines mag der Ridgeback nicht: gar nichts tun! Dann fühlt er sich unterfordert und wird sich, klug und selbständig wie er ist, selbst eine Beschäftigung suchen – und die entspricht dann vielleicht nicht immer unseren Wünschen und Vorstellungen! Darf er ein ausgefülltes Leben führen, wird der Rhodesian Ridgeback übrigens von selber manchmal auf die Idee kommen, auch einmal nichts zu tun. Zusammengerollt oder längelang ausgestreckt geniesst er dann gerne die Musse und kann ein rechter Faulpelz sein. Doch man täusche sich nicht: Auch dabei hat er, was ein rechter Ridgeback ist, das Geschehen rundherum stets unter Kontrolle… Von Annemarie Schmidt-Pfister